Zur Hüterin des Eises
Durch die Schneedecke im Garten gelange ich auf eine grosse Schneeflocke und entdecke am Rand ihrer äussersten Spitze die Schneewelt. Um uns herum formen unzählige Schneeflocken eine Kugel. Eine glitzernde, fast transparente Schneekugel umhüllt uns. Der Wind bläst uns sanft an schneebedeckten Bergen und tief verschneiten Landschaften vorbei, bis wir auf einem wunderschönen Tannenwipfel sanft aufsetzen. Auf den eingeschneiten Ästen lässt mich die Schneeflocke wissen, dass wir Menschen auch so was seien wie Schneeflocken: Einzigartig und doch gleich. Wir sollen das nicht vergessen. Jeder Einzelne ist Teil der ganzen Menschheit und trägt zu deren Energie bei. Die Schneeflocke findet, dass der Schnee dafür einfach ein besseres Verständnis hat: Einzigartig vom Himmel fallen und sich in der Luft oder am Boden vereinen, ineinandergreifen und schliesslich wieder im Element Wasser verschmelzen. Eins werden. Die Energie des Elements Wasser im besten Sinne gestalten. Welche Energie gestaltet der Mensch und die Menschheit?
Auf einmal geht die Reise weiter hoch in den Norden zur Hüterin des Eises. Aus ihrem riesigen Eisstab lässt sie durch Schneezauber tausende Schneeflocken davonstieben. Auf unterschiedlichen Höhen des Eisstabes fliegen sie in alle Himmelsrichtungen. Das fantastische Schauspiel bestaunend, falle ich als Schneeflocke im freien Fall vom Himmel, spüre die unglaublich leichte Zartheit und Schwerelosigkeit. Ich falle und falle sachte vom Himmel. Tanze einen wundersamen Tanz in Weiss. Sobald ich den Boden berühre, verschmelze ich. Werde eins mit den anderen Schneeflocken. Zusammen. Verbunden im grossen Ganzen. Einfach ruhend. Wundervoll!
Autorin: Michèle Graf
Foto: Michèle Graf
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