Marillenbäumchen

Das Marillenbäumchen im Garten der Kundigen

Es war einmal ein Marillenbäumchen, das wuchs im Garten einer kundigen Frau. Es zählte schon sechs Lenze, jedoch war die Höhe und die oft raue Luft der Berge der Fruchtbarkeit nicht ganz zuträglich. Es gedieh prächtig, trug aber kaum ausgereifte Früchte. Es war halt ein Teil des Gartens. Produzieren musste es nicht.

🌳🌱 Da geschah es, dass die Hüterin des Platzes sich mit neuen Gedanken trug. Nachts kamen Bilder, die Bilder wurden, Nacht für Nacht, Mondläufe um Mondläufe klarer, so klar, dass sie schließlich ausgesprochen werden konnten.
Der Garten sollte eine neue Struktur erhalten, dem Kommenden passend und Rechnung tragend.

🌳🌱 Die Frau, die kundig war, trat vors Marillenbäumchen uns sprach es leise an. Sie zeigte dem Bäumchen die Bilder, die aus ihrem Inneren flossen und zeigte dem Bäumchen, was da entstehen soll.
Das Bäumchen lauschte, wurde still und verstand; es stand an einem Platz, wo Neues entstehen sollte.
Die Frau gab dem Bäumchen Raum, wartete und lauschte respektvoll. Langsam, erst ganz zart, kam Zustimmung, bis sich ein ganz deutliches Ja formte.

🌳🌱 Dies geschah im Frühjahr.
Der Mond wurde voll und er wurde leer.
Da bemerkte die Hüterin, dass einer der großen Äste das frische Grün verlor, das Leben zog sich daraus zurück.

🌳🌱 Mit dem Fortschreiten der Zeit erfasste die Dürre immer mehr Äste. Langsam, langsam zog sich die Lebendigkeit des Bäumchens zurück. Die Baumseele kehrte zurück in den Bauch der Mutter Erde.

🌳🌱 Der Herbst, der Winter kam und im folgenden Frühjahr stand nun das Marillenbäumchen tot da; sein Geist ist heimgekehrt. Heimgekehrt in den den Geist der Mutter Erde. Bereit, wieder geboren zu werden in einem anderen Leben.

🌳🌱 Die Frau, dankbar und achtsam, nahm die Säge und entfernte den Stamm. Das Neue konnte nun entstehen.
Warum ich das weiß?
Nun, ich war dabei, es ist mein Garten und ich seine Hüterin.

Autorin: Karin Raffeiner
Foto: Manseok Kim auf Pixabay

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