O-Tannenbaum, O-Tannenbaum

Die Wurzeln um das Brauchtum des berühmtesten Baums

Im gesamten deutschsprachigen Raum steht der prächtig geschmückte Weihnachtsbaum mit Weihnachtskugeln, Kerzen oder Lichterketten, Sternen und Lametta am Heiligabend in den Wohnzimmern, Kirchen und auf den Dorfplätzen. Aber woher kommt eigentlich dieser Brauch? Was hat das Weihnachtsfest mit einem Baumkult zu tun?

Heiligabend – bei vielen ein Fest, bei dem ein reich geschmückter Nadelbaum im Wohnzimmer steht. Bei manchen mit einer Krippe und Geschenken für die Liebsten darunter und wohlige Weihnachtslieder im Hintergrund. Die Familie steht um diesen Baum, der für alle der Weihnachtsbaum oder der Tannenbaum ist. 2019 wurden allein in Deutschland 29,8 Millionen Weihnachtsbäume verkauft. Viele Bäume kommen aus dem Inland, einige werden aber auch importiert, zum Beispiel aus Dänemark, der Slowakei, der Niederlande und Ungarn. Wir nennen alles Tannenbaum, was den Status eines Weihnachtsbaums hat, dabei handelt es sich gar nicht so häufig um unsere heimische Tanne oder Fichte, sondern eher um Nordmanntanne (ehemals Kaukasus) oder Blaufichte (ehemals Nordamerika) sowie weitere auf Plantagen gezüchtete Nadelbäume.

Ein uralter Brauch war (laut einer handschriftlichen Quelle aus dem 15. Jahrhundert) das Begrünen des Heimes zur Wintersonnenwende zu Ehren der Frua Percht (Frau Holle). Auch Speisen wie Äpfel und Nüsse wurden für die Totengöttin und ihr Gefolge bereitgestellt. Die „Grüne Kraft“ stand symbolisch für Schutz, Licht und ewiges Leben. Manche vorchristliche Quellen beschreiben das Auslegen der Böden mit Tannenreisig, um in den Raunächten vor ungeladenen Geistern (Erdenergien) geschützt zu sein, genauso wie die Türen und Fenster mit Reisig behängt wurden. Der älteste dokumentierte Weihnachtsbaum kommt aus dem Jahre 1417 in Freiburg, bei dem die Zunft der Freiburger Bäcker in einem Spital einen Nadelbaum mit Früchten, Nüssen und Backwerk für die Armen schmückten.

Im Christentum gibt es unterschiedliche Aussagen: vom Baum des Paradieses bis hin zur Aufforderung eines Straßburger Priesters 1642, diesem schrecklichen heidnischen Brauch nicht weiter zu frönen (Sidefact: erst 1982 durfte auf dem Petersplatz in Rom der erste Weihnachtsbaum aufgestellt werden). Johann Wolfgang von Goethe erwähnte 1774 begeistert den „aufgeputzten Baum“. Erst 1870 wurde der Weihnachtsbaum im gesamten deutschsprachigen Raum populär und zog in viele Wohnzimmer als echter Weihnachtsbrauch ein. Aus den Äpfeln wurden Christbaum-Kugeln, aus Nürnberg kam der Brauch des Lamettas dazu. Heute ist unser Weihnachtsbaum auf der ganzen Welt – selbst am tropischen Strand – zu finden.

Es gibt aber auch Stimmen, die besagen, dass der Weihnachtsbaum eine weit über 5000 Jahre alte Tradition aus dem Ägyptischen hätte. Hier wird der Bezug zu Osiris hergestellt, dem man zu seinem Geburtstag am 25.12. bunte Geschenke unter eine Kiefer legte. Andere wiederum sagen, es gäbe den eindeutigen Bezug zu Sibirien in Verbindung mit dem Fliegenpilz. Die Schamanen hätten in vergangenen Zeiten (und auch heute noch) rot-weiße Gewandung getragen, den Fliegenpilz mit einem Sack gesammelt und in ihren hoch zugeschneiten Jurten über den Rauchfang in die warme Stube gebracht, um die Pilze an Fichtenzweigen zur Trocknung zu hängen. Zudem findet man den Fliegenpilz vornehmlich unter dem Wurzelwerk von Tannen und Fichten. Da der bewusstseinsverändernde Fliegenpilz zur dunkelsten Jahreszeit als schamanischer Lichtbringer galt, war dieser zur Zeit von wichtigen kosmischen Ereignissen einer der zentralen Punkten im Jahresrad.

Wieder andere symbolisieren den Weihnachtsbaum als Weltenbaum, der mit seinen Zweig-Ebenen die spirituelle Welt darstellt, die goldenen Sonnenkugeln und roten Welten-Kugeln sowie der Stern auf der Spitze, der mit seinen acht Strahlen den Jahreskreis symbolisiert.

Viele schmücken nach dem 6. Januar den Weihnachtsbaum wieder ab – in katholisch geprägten Gebieten bleibt er aber bis Mariä Lichtmess am 2. Februar stehen.

Sowohl zum dunkelsten Moment des Jahres (Wintersonnenwende) als auch mit ihrer Erscheinung auf spiritueller seelischer Ebene, ist die Fichte in vielen Kulturen der Baum des Lichtes. Als Kräuterpädagogin und Naturmentorin fällt mir noch dazu ein, dass die Fichte unser inneres Licht wieder erkennen lässt und zum Leuchten bringt. Auf körperlicher Ebene lässt uns das ätherische Öl der Fichte zur Ruhe kommen und kann stimmungsaufhellend sein. Vielleicht sind die Ebenen der Äste bis hoch zur strahlenden Spitze der karmische Weg?

Zusammengefasst kann ich sagen: Egal mit welcher Religion, Glaubensrichtung, ethnischem oder anderem Blick ich mich für diesen Bericht beschäftigt habe: im Endeffekt steht der Weihnachtsbaum immer für (inneren) Frieden, ewiges Leben und ist Beschützer des wieder geborenen Lichts. Und wenn ihr Befürworter der neuen „Anti-Weihnachtsbaum-Bewegung“ seid – ein paar Zweige mit einer roten Kerze reichen doch für die Stimmung und dem alten Brauch symbolhaft auch.

Vorausgesetzt man hat einen sehr guten Bio-Weihnachtsbaum, könnte man noch so einiges nach Weihnachten upcyclen. Beispielsweise kann man ein leckeres Weihnachtsbaum-Salz herstellen. Oder getrocknet in einem Stövchen zum Räuchern verwenden. Auch als Inhalation wurde er früher bei Erkältungskrankheiten volksheilkundlich genutzt. Aus der Spitze des Baumes lässt sich sogar ein toller Holzquirl für die Küche schnitzen – schon mal gesehen?

Wie auch immer – ich wünsche euch ein wundervolles Fest mit dem Duft des „Schützers des Lichts” in your mind …

Autorin: Karin Himmelreich-Rades
Foto: Steen Jepsen auf Pixabay

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