Die Kunst des Spiegelns

Ich bin, wer ich bin, durch all die Geschichten

Eine Begegnung mit Meredith Little.
Von Peter Indergand.

Wenn du von einem Schwellengang (Medicine Walk) oder einer Visionssuche wieder in den Kreis zurückkommst, erzählst du von deiner Schwellenzeit. Deine mitgebrachte Geschichte wird dann ›zurückerzählt‹, dies nennt man spiegeln. Diese ›Technik‹ geht zurück auf indigene Praktiken, die von Meredith Little und ihrem 2003 verstorbenen Ehemann Steven Foster erforscht und in unsere Zeit gebracht wurden. Heute ist Meredith Little unbestritten eine Meisterin des Spiegelns.

Wie kamt ihr überhaupt aufs Spiegeln?

Wir befassten uns damals mit den kulturübergreifenden Elementen von Übergangsriten und schauten uns an, was frühere Kulturen machten, wenn jemand nach einer Initiation, einer Visionssuche aus den Bergen zurückkam und wie diese Person empfangen wurde. Wir fanden heraus, dass die meisten Kulturen eine Form von Ältestenrat einberiefen, um sich die Geschichte der Rückkehrer anzuhören.

Also haben wir verschiedene Möglichkeiten ausprobiert. Wir beriefen einen ›Ältestenrat‹ ein, der aus den anderen Teilnehmern bestand. Die Person, die draußen gewesen war, erzählte ihre Geschichte und jede oder jeder stellte eine bestimmte Frage. Wie hat der ›Held‹, die ›Heldin‹ sich vorbereitet? Was waren die Herausforderungen, denen er oder sie dort draußen in der Einsamkeit begegnet ist? Wir halfen ihnen, ihre Geschichte zu öffnen, indem wir ihnen in der dritten Person solche Fragen stellten.

Später sagten wir: »Okay, erzähl einfach deine Geschichte.« Und sie erzählten und erzählten, bis die Geschichte ihre Kraft völlig verloren hatte. Also führten wir ein Zeitlimit ein und so konnte die Seele der Geschichte bewahrt werden. Wir waren damals einfach am Experimentieren.

Es braucht also eine Geschichte, die jemand mitbringt und im Kreis erzählt und jemanden, um die Geschichte zurückzugeben, zu spiegeln.

Genau. Versuchen, das zurückzugeben, was wir hören und sehen und fühlen. Ich gebe ihnen ihr Geschenk zurück; es ist eine Ermächtigung (»empowerment«).

Wie ist das, wenn du einer Geschichte zuhörst? Konzentrierst du dich auf die Worte, siehst du Bilder? Was passiert da?

Ich denke, jeder hat eine eigene Art des Spiegelns. Ich kenne eine Künstlerin, die Bilder sieht und Lieder hört, das ist ihre Art. Andere erinnern sich an die Details und geben die Details eher rational wieder, quasi als perfekter Spiegel. Bei mir ist es so, dass ich im Laufe der Zeit an den Punkt gekommen bin, wo ich nicht weiß, was ich sagen werde, wenn ich mit Spiegeln beginne. Ich sage, was ich fühle und bin dann überrascht, was alles lebendig wird. Ich muss einzig mein eigenes Bewerten und Beurteilen aus dem Weg schaffen. Wirklich hinhören, was die Spirits dieser Person anbieten.

Das vollständige Gespräch mit Meredith findest du im Buch »Die Spinner:innen – Band 1: Die Geschichtensammlerin«, das Ende August erscheinen wird.

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