
Was Hirsch und Ziegenbock mit Weihnachten zu tun haben
In Schaufenster-Dekos, auf Geschenkpapier, in Plätzchenform oder vorm Schlitten von Santa Claus: Überall begegnen uns zu Weihnachten Hirsche und Rentiere. Dabei haben die stolzen Geweihträger mit der Geburt des Christuskindes ungefähr so viel zu tun wie der feierlich geschmückte Tannenbaum mit der Krippe zu Bethlehem; also rein gar nichts.
Der Sonnenhirsch
Wie so viele unserer Bräuche stammt auch der heilige Hirsch aus einer Zeit lange vor dem Christentum. In den Mythen indigener Völker, beispielsweise der Maya und der Pueblo, geleitet der Hirsch die Sonnenkugel auf seinem Haupt morgens heraus aus dem Bauch von Mutter Erde und abends wieder hinein. „In der walisisch-keltischen Mythologie tötet der schwarze Gott der Unterwelt im November zu Samhain den Sonnenhirsch und raubt dessen Braut, die Blumengöttin“, erzählt Wolf-Dieter Storl in Die Magie der Sonnenwenden. „Während der Wintersonnenwende wird die Sonne, der goldene Hirsch, wiedergeboren.“ Cernunnos, der keltische Hirschgott, war unter anderem für Tod und Wiedergeburt zuständig.
Dass der Hirsch den Kelten als perfektes Symbol für Sterben und Leben erschien, hat auch mit seinem biologischen Jahreszyklus zu tun: Die männlichen Tiere werfen ihr Geweih im Winter ab und sind dann erstmal ohne ihre mächtige Krone unterwegs – quasi inkognito. Erst im Frühling wachsen ihre Stangen wieder von Neuem.
Der Julbock
In den skandinavischen Ländern gibt es neben dem Hirsch ein weiteres gehörntes Tier, um das sich Sagen und Bräuche ranken: den Ziegenbock. Der alte Tomte, der skandinavische Weihnachtsmann, reitet auf dem Julbock daher. Schon spannend, dass ausgerechnet ein gehörntes, teufelsähnliches Vieh beim Austragen der Weihnachtsgeschenke hilft … Immerhin, im Alten Testament war der Ziegenbock ein wichtiges Opfertier. Und selbst wenn er seine Hörner nicht alljährlich abwirft wie der Hirsch, scheint auch der Ziegenbock die magische Fähigkeit zur Wiederauferstehung zu besitzen: In der Edda gibt es eine Geschichte, die von Thors Festschmaus bei einer Bauernfamilie erzählt. Der Donnergott hatte dafür extra seine beiden Ziegenböcke gehäutet und gekocht – mit der Warnung, dass man zwar das Fleisch essen dürfe, die Knochen aber unangetastet bleiben müssten. Nach dem Gelage wickelte Thor die Knochen in die Felle und zauberte seine Ziegenböcke wieder lebendig. Weil einer von beiden hinkte, verurteilte Thor den Bauersburschen, der den Schenkelknochen angenagt hatte, zu lebenslanger Dienstpflicht für den Gott.
Der Steinbock
In den Tierkreiszeichen hat sich der nordische Ziegenbock hartnäckig gehalten, auch wenn die alten Griechen, die ja die Sternbilder vor 2000 Jahren festlegten, eine andere Geschichte zum Sternbild Steinbock erzählen: Pan, der Gott des Waldes, sei mit allen Olympiern vor dem Sturmriesen Typhon ins Wasser geflohen. Die Verwandlung in einen Fisch gelang ihm aber nur noch halb, weshalb das Sternbild des Steinbocks aussieht wie ein Wolperdinger: Oben Ziegenkopf und Vorderhufe, unten Schuppen und Fischschwanz. Was uns diese Geschichte noch verrät: Die Wilde Jagd, die heftigen Stürme zur Zeit der Wintersonnwende, wenn die Sonne ins Zeichen Steinbock eintritt, heulte wohl auch bei den alten Griechen um die Häuser.
Autorin: Dagmar Steigenberger
Bild: Dagmar Steigenberger, zodiac und Pete Linforth auf Pixabay
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