Heute Nacht wird das pralle Leben in die Erde getanzt
Sie haben die Asche von damals zusammengekehrt und umkreisen sie mit wildem Schritt. Immer wieder. Ihre Besen schwingen sie durch die Lüfte wie Schwirrhölzer und schon bald ertönt dieser schrille Laut, der ihre Kraft bündelt. Verlockend wäre es, sich zu rächen, und sie wissen, es wäre ein Leichtes für sie.
Doch sie haben sich anders entschieden, ganz anders. Heute verbünden sie sich mit der Asche und orakeln sich einen Pfad zu den Schätzen unter diesem grauen Gewand.
Der Pfad gleicht einem Labyrinth und behutsam legen sie frei, was einst die Feuer auflodern ließ. Tief bewegt machen sie ihre Arbeit und es ist, als würde sich diese grauenhafte Geschichte häuten, Schicht um Schicht. Was, wenn da doch nichts mehr ist?
Nochmals halten sie inne – orakeln und singen in die letzte Schicht.
Und bevor sie es wirklich sehen, spüren sie bereits, dass nichts verloren gegangen ist, ganz im Gegenteil. All die mutigen, störrischen, feinfühligen und mit allem verbundenen Frauen sind da und erheben sich. Die Weise, die Wilde, die Feine, die Feurige, die Störrische, die Nachdenkliche, die Zurückhaltende, die Rote, die Staunende, die Laute, die Witzige, die Kluge, die Dicke, die Komische, die Krumme, die Heilerin, die Fragende, die Kritische, die Geheimnisvolle… So wunderbar lebendig und schön sind sie.
Ungebrochen ist ihre Kraft!
Und wo sind sie – die mächtigen und gefürchteten Asche-Hexen?
Sie sind bereits vorausgeflogen, in die mondhelle Nacht. Zum alten Feuerplatz hoch auf dem Berg, denn heute Nacht wird das pralle Leben in die Erde getanzt.
Dann geht plötzlich alles ganz flott, die restliche Asche wird ausgeklopft und schon geht’s hoch durch die Lüfte – denn fliegen können sie alle, und wie!
Was für ein Gekreische und Geschnatter, erfüllt von berstendem Gelächter und nicht enden wollende Freudentränen. Ja, heute kommen sie alle und werden das Beltane-Feuer neu entzünden!
Und welch schöne Überraschung erwartet die Frauen am Festplatz! – In den Bäumen hängen unzählige rote Kleider – sie flattern im Wind und locken die Frauen in ein sattes, pulsierendes Rot.
Wer wird heute das Feuer entfachen, welche wurde von den Ur-Ältesten wohl ausgewählt? Jede hängt ihren eigenen Hoffnung nach, in dieser turbulenten Zeit.
Und dann kommt sie, fliegt auf ihrer Wildsau haargenau auf ihren Platz. Baubo, das kann doch nicht wahr sein – ausgerechnet Baubo! Die Vulva-Frau, die Vagina-Freche, die Schoß-Feurige, die Zweideutige, die Unverschämte, die über ihre obszönen Geschichten am lautesten lacht.
Kaum angekommen, legt sie schon los: „Dann werden wir mal das Beltane-Feuer entfachen. Hebt eure herrlichen roten Kleider und zeigt, was ihr habt!“
Schlagartig verstummt alles.
Im Bruchteil einer Sekunde schwingt sich bei den Frauen Lust, Klarheit und Weisheit in höchste Höhen. Und sie heben den roten Rock, das rote Kleid und zeigen ihren Schoß. Das Feuer lodert sofort auf. Ein rot-glühendes Schoßfeuer! Es knistert und züngelt, taucht die hitzigen Gesichter in orangenes Licht und der Tanz beginnt. Sie treiben es in die Höhe mit ihrem stöhnenden Gelächter, ihren pulsierend-frechen Geschichten, ihren wirbelnden roten Kleidern, ihren bebenden Brüsten und ihren wilden Schritten. Bis in den Morgen hinein feiern sie, ausgelassen und kraftvoll.
Baubo, was für eine kluge Wahl!
Text und Schichtbildmaterial: Christine Kostritza
Schichtbild: Annette Roemer
Baubo auf der Wildsau: Christiane Holsten – christianeholsten.art
Dir gefällt was wir machen… dann bring uns ins Netz. Danke
Es stimmt, diese Geschichte ist Medizin!!!!!!! voll Fülle, Kraft, Spaß und Leidenschaft.
Grüß Dich, du “Wildsau” – Expertin !
Ich habe mich soooooo gefreut über dieses saugute Bild von dir. Es ist manchmal wirklich unglaublich wie eins zum anderen findet. Vermutlich war es längst schon da und hat zum Glück Geduld mit uns gehabt.
Deine Bilder sind eh richtig gut. Eigenwillig, frech, fein, vielschichtige, weise – herrlich.
WildsauGrüsse bis zum nächsten Deal – Christine K.
genau
Herrlich!
Da bin ich dabei!
Ich darf ergänzen, dass es Baubo war, die Demeter in ihrem Trübsal über den Verlust ihrer Tochter Persephone an Hades hinwegtrösten konnte.
Herzliche Grüße
Christine
Das dachte ich mir schon, dass du DA dabei bist! Schon weil du mit der Wildsau auch so einige Erfahrungen gemacht hast. Und ja es stimmt, ohne Baubo hätte Demeter das Land vertrocknen lassen.
Herzliche Baubo Grüße, Christine zu Christine
Es lebe Baubo in euch tollen Frauen !!!!!!
Wir hätten noch eine saftige Portion übrig für Dich!!!!!!
Und wenn ich dein Rabenbild anschaue, dann denke ich nur: RabenRot!
In diesem Sinne feurige Grüße zurück – Christine K.
Eine starke, witzige, weibliche und etwas obszöne Geschichte! Herrlich! Danke Christine!
Dankeschön !!!
Dir starke Baubo Grüße und viel Inspiration für deine eigene Kreativität.